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Gedicht

Das Fenster

Ich sehe, wie du in der Küche bist,
wie du kochst und früh dein Müsli isst.
Ich sehe, wenn du weinst und lachst,
wie du dich aufbauend fertig machst.

Ich schaue dir beim Schlafen zu,
geben die Sorgen einmal Ruh‘.
Ich merke jedes Hoch und Tief,
mal sitzt du aufrecht und mal schief.

Ich fühle mich mit dir verbunden,
durch die geteilten schönen Stunden.
Ich begleite dich dein Leben lang,
auch wenn ich’s dir nicht sagen kann.

Ich sehe dich und spiegle mich,
im Fenster du und mein Gesicht.
Verzerrzt und dabei doch so klar.
Ich rufe dich, doch du bleibst starr.

8-7-6

Ich denke, also bin ich dein.
Das könnte dein Motto sein.
Warum lässt du mich nicht rein?
Warum muss ich draußen reim’n?
Sorge für den Ordnungsschein,
Zweifel lässt mich nie allein.
Ich will wirre Worte schrei’n,
das kann doch kein Zufall sein.

Aber ja, was soll denn das?
Du denkst wirklich alles passt?
Du denkst wirklich, du bist krass?
Doch du hast die Chance verpasst.
Mit dem besten Freund verhasst,
weil du wirklich gar nichts raffst.
Ja, da bist du wirklich baff,
hör mir zu und sei auf Zack.

Sei auf Zack und auf der Hut,
denn der steht dir wirklich gut.
Der hält deine Birne warm,
Rumpeln in dein’m Unterdarm.
All das ist dir scheißegal,
angelehnt an ein Regal.
Du trägst deinen blauen Schal,
mit dem Bild von einem Wal.

Seine Auswahl eine Qual,
Kampf durch das Entscheidungstal.
Münzwurf: weder Kopf nach Zahl.
Immerhin: du hast die Wahl.
Hast die Wahl, doch keine Lust,
langsam spürst du diesen Frust.
Lebst als hättest du’s gewusst,
redest nur noch hohlen Stuss.

Das soll ’ne Geschichte sein?
Lass doch bitte jetzt das Reim’n,
Bist nicht besser als der Schein,
denk doch bitte an die Klein’n.
Oma fängt schon an zu wein’n,
wack’lig auf den zarten Bein’n.
Nicht mehr mit sich selbst im Rein’n,
fängt sie langsam an zu schrei’n.

Was bringt die Zukunft?

Ihr ganzes Leben war schwer und gemein,
doch wie sollte es anders auch sein.
Ihre Eltern, überfordert vom eigenen Leben,
konnten ihr keine Sicherheit geben.
So tauschte die Rolle von Eltern und Kind,
ihre Jugend für immer verflüchtigt im Wind.

Ihr ganzes Leben war finster und schlecht,
doch sie sagte immer, das sei schon gerecht.
Sie sagte, jeder habe sein Päckchen zu tragen
und sie wollte sich nie darüber beklagen.
Sie nahm es hin und damit anderen ab,
doch das Gewicht machte sie schrittweise platt.

Ihr ganzes Leben war einsam und trist,
bis sie schließlich ausgebrochen ist.
Ich traf sie und nahm sie bei mir auf,
wir fühlten Schmerzen vom Lachen im Bauch.
Vertieften, was früher keinen Nebensatz füllte,
uns stockte der Atem, als wir uns enthüllten.

Ihr ganzes Leben bestand aus Routinen und Zwängen.
Sie sagt, ich kenn sie, doch: kann man sie kennen?
Kann man benennen, was keine Worte ertragen?
„Vertrau in dich selbst“, will man ihr sagen.
Was bringt die Zukunft, für sie und für mich?
Ihr Blick sagt: wir wissen es beide noch nicht.

Eins

Die Welt verbunden,
getrennt durch Stunden.
Leben, Lachen, Weinen, Tod.
Kleine Freuden, größte Not.

Regeln und Gesetze,
schüren Sorg und böse Hetze.
Ängste zur Kontrolle,
prägen uns’re Rolle.

Doch der Mensch erblüht,
denn das ist sein Wesen.
Er ist stets bemüht,
Wünsche abzulesen.

Herzlichkeit wohin man sieht,
leuchten in den Augen.
Wärme, die man gerne gibt,
Menschlichkeit – mein Glauben.

(01.04.2017, im Atlas-Gebirge zwischen Marrakesch und Ouarzazarte)